Einen einsträngigen (single-threaded) Webserver erstellen

Wir beginnen damit, einen einsträngigen Webserver zum Laufen zu bringen. Bevor wir beginnen, wollen wir uns einen kurzen Überblick über die Protokolle verschaffen, die beim Aufbau von Webservern eine Rolle spielen. Die Einzelheiten dieser Protokolle sprengen den Rahmen dieses Buches, aber ein kurzer Überblick wird dir die Informationen geben, die du benötigst.

Die beiden wichtigsten Protokolle, die bei Webservern zum Einsatz kommen, sind das Hypertext-Übertragungsprotokoll (Hypertext Transfer Protocol, kurz HTTP) und das Übertragungssteuerungsprotokoll (Transmission Control Protocol, kurz TCP). Beide Protokolle sind Anfrage-Antwort-Protokolle, d.h. ein Client initiiert Anfragen und ein Server hört auf die Anfragen und gibt eine Antwort an den Client. Der Inhalt dieser Anfragen und Antworten wird durch die Protokolle definiert.

TCP ist das Protokoll der untergeordneten Ebene, das im Detail beschreibt, wie Informationen von einem Server zu einem anderen gelangen, aber nicht spezifiziert, um welche Informationen es sich dabei handelt. HTTP baut auf TCP auf, indem es den Inhalt der Anfragen und Antworten definiert. Es ist technisch möglich, HTTP mit anderen Protokollen zu verwenden, aber in den allermeisten Fällen sendet HTTP seine Daten über TCP. Wir werden mit den Roh-Bytes von TCP- und HTTP-Anfragen und -Antworten arbeiten.

Lauschen auf eine TCP-Verbindung

Unser Webserver muss auf eine TCP-Verbindung lauschen (listen), also ist das der erste Teil, an dem wir arbeiten werden. Die Standardbibliothek bietet ein Modul std::net an, mit dem wir dies tun können. Lass uns ein neues Projekt auf die übliche Art und Weise erstellen:

$ cargo new hello
     Created binary (application) `hello` project
$ cd hello

Gib nun den Code in Codeblock 20-1 in src/main.rs ein, um zu beginnen. Dieser Code lauscht unter der lokalen Adresse 127.0.0.1:7878 auf eingehende TCP-Ströme (TCP streams). Wenn er einen eingehenden Strom erhält, wird er Verbindung hergestellt! ausgeben.

Dateiname: src/main.rs

use std::net::TcpListener;

fn main() {
    let listener = TcpListener::bind("127.0.0.1:7878").unwrap();

    for stream in listener.incoming() {
        let stream = stream.unwrap();

        println!("Verbindung hergestellt!");
    }
}

Codeblock 20-1: Warten auf eingehende Ströme und Ausgeben einer Nachricht, wenn wir einen Strom empfangen

Mit TcpListener können wir unter der Adresse 127.0.0.1:7878 auf TCP-Verbindungen warten. In der Adresse ist der Abschnitt vor dem Doppelpunkt eine IP-Adresse, die deinen Computer repräsentiert (dies ist auf jedem Computer gleich und gilt nicht nur speziell für den Computer der Autoren), und 7878 ist der Port. Wir haben diesen Port aus zwei Gründen gewählt: HTTP wird auf diesem Port normalerweise nicht akzeptiert, sodass unser Server wahrscheinlich nicht mit anderen Webservern in Konflikt geraten wird, die du auf deinem Rechner hast, und 7878 steht für rust, wenn du es auf einem Telefon tippst.

Die Funktion bind in diesem Szenario arbeitet wie die Funktion new, indem sie eine neue TcpListener-Instanz zurückgibt. Die Funktion wird bind genannt, weil in Netzwerken das Verbinden mit einem Port zum Lauschen als „Binden (binding) an einen Port“ bezeichnet wird.

Die Funktion bind gibt ein Result<T, E> zurück, was anzeigt, dass es möglich ist, dass das Binden fehlschlagen könnte. Zum Beispiel erfordert das Binden an Port 80 Administrator-Rechte (Nicht-Administratoren können nur auf Ports größer als 1023 lauschen). Wenn wir also versuchen würden, an Port 80 zu lauschen, ohne Administrator zu sein, würde das Binden nicht funktionieren. Das Binden wäre beispielsweise auch nicht möglich, wenn wir zwei Instanzen unseres Programms laufen lassen und somit zwei Programme auf dem gleichen Port lauschen würden. Da wir einen einfachen Server nur für Lernzwecke schreiben, werden wir uns nicht um die Behandlung dieser Art von Fehlern kümmern; stattdessen verwenden wir unwrap, um das Programm zu stoppen, wenn Fehler auftreten.

Die Methode incoming von TcpListener gibt einen Iterator zurück, der uns eine Sequenz von Strömen (genauer gesagt Ströme vom Typ TcpStream) liefert. Ein einzelner Strom (stream) stellt eine offene Verbindung zwischen dem Client und dem Server dar. Eine Verbindung (connection) ist der Name für den vollständigen Anfrage- und Antwortprozess, bei dem sich ein Client mit dem Server verbindet, der Server eine Antwort erzeugt und der Server die Verbindung schließt. Daher werden wir aus dem TcpStream lesen, um zu sehen, was der Client gesendet hat, und dann unsere Antwort in den Strom schreiben, um Daten zurück an den Client zu senden. Insgesamt wird diese for-Schleife jede Verbindung der Reihe nach verarbeiten und eine Reihe von Strömen erzeugen, die wir verarbeiten müssen.

Im Moment besteht unsere Behandlung des Stroms darin, dass wir unwrap aufrufen, um unser Programm zu beenden, wenn der Strom Fehler aufweist; wenn keine Fehler vorliegen, gibt das Programm eine Nachricht aus. Wir werden im nächsten Codeblock mehr Funktionalität für den Erfolgsfall hinzufügen. Der Grund, warum wir Fehler von der incoming-Methode erhalten könnten, wenn sich ein Client mit dem Server verbindet, ist, dass wir nicht wirklich über Verbindungen iterieren. Stattdessen iterieren wir über Verbindungsversuche. Die Verbindung kann aus einer Reihe von Gründen nicht erfolgreich sein, viele davon sind betriebssystemspezifisch. Zum Beispiel haben viele Betriebssysteme ein Limit für die Anzahl der gleichzeitig offenen Verbindungen, die sie unterstützen können; neue Verbindungsversuche über diese Anzahl hinaus führen zu einem Fehler, bis einige der offenen Verbindungen geschlossen werden.

Lass uns versuchen, diesen Code auszuführen! Rufe cargo run im Terminal auf und öffne dann 127.0.0.1:7878 in einem Web-Browser. Der Browser sollte eine Fehlermeldung wie „Verbindung abgebrochen“ anzeigen, da der Server derzeit keine Daten zurücksendet. Aber wenn du auf dein Terminal siehst, solltest du mehrere Meldungen sehen, die ausgegeben wurden, als der Browser eine Verbindung mit dem Server herstellte!

     Running `target/debug/hello`
Verbindung hergestellt!
Verbindung hergestellt!
Verbindung hergestellt!

Manchmal werden mehrere Nachrichten für eine Browser-Anfrage ausgegeben; der Grund dafür könnte sein, dass der Browser sowohl eine Anfrage für die Seite als auch eine Anfrage für andere Ressourcen stellt, z.B. das Symbol favicon.ico, das in der Browser-Registerkarte erscheint.

Es könnte auch sein, dass der Browser mehrmals versucht, eine Verbindung mit dem Server herzustellen, weil der Server nicht mit Daten antwortet. Wenn stream den Gültigkeitsbereich verlässt und am Ende der Schleife aufgeräumt wird, wird die Verbindung als Teil der drop-Implementierung geschlossen. Browser reagieren auf geschlossene Verbindungen manchmal damit, es erneut zu versuchen, weil das Problem möglicherweise nur vorübergehend ist. Der wichtige Punkt ist, dass wir erfolgreich eine TCP-Verbindung hergestellt haben!

Denke daran, das Programm durch Drücken von Strg+c zu beenden, wenn du mit der Ausführung einer bestimmten Version des Codes fertig bist. Starte dann das Programm neu, indem du den Befehl cargo run aufrufst, nachdem du die einzelnen Codeänderungen vorgenommen hast, um sicherzustellen, dass du den neuesten Code ausführst.

Lesen der Anfrage

Lass uns die Funktionalität zum Lesen der Anfrage vom Browser implementieren! Um die Zuständigkeiten zu trennen, also zuerst eine Verbindung entgegenzunehmen und dann mit der Verbindung etwas zu machen, werden wir eine neue Funktion zur Verarbeitung von Verbindungen anfangen. In dieser neuen Funktion handle_connection lesen wir Daten aus dem TCP-Strom und geben sie aus, sodass wir sehen können, welche Daten vom Browser gesendet werden. Ändere den Code so, dass er wie Codeblock 20-2 aussieht.

Dateiname: src/main.rs

use std::{
    io::{prelude::*, BufReader},
    net::{TcpListener, TcpStream},
};

fn main() {
    let listener = TcpListener::bind("127.0.0.1:7878").unwrap();

    for stream in listener.incoming() {
        let stream = stream.unwrap();

        handle_connection(stream);
    }
}

fn handle_connection(mut stream: TcpStream) {
    let buf_reader = BufReader::new(&mut stream);
    let http_request: Vec<_> = buf_reader
        .lines()
        .map(|result| result.unwrap())
        .take_while(|line| !line.is_empty())
        .collect();

    println!("Request: {:#?}", http_request);
}

Codeblock 20-2: Lesen aus dem TcpStream und Ausgeben der Daten

Wir bringen std::io::prelude und std::io::BufReader in den Gültigkeitsbereich, um Zugang zu Merkmalen (traits) und Typen zu erhalten, die es uns ermöglichen, aus dem Strom zu lesen und in den Strom zu schreiben. In der for-Schleife in der Funktion main rufen wir jetzt, statt eine Nachricht auszugeben, dass wir eine Verbindung hergestellt haben, die neue Funktion handle_connection auf und übergeben ihr den stream.

In der Funktion handle_connection erstellen wir eine neue BufReader-Instanz, die eine veränderbare Referenz auf den stream enthält. BufReader sorgt für die Pufferung, indem es die Aufrufe der Merkmals-Methoden von std::io::Read für uns verwaltet.

Wir erstellen eine Variable namens http_request, um die Zeilen der Anfrage zu aufzusammeln, die der Browser an unseren Server sendet. Wir geben an, dass wir diese Zeilen in einem Vektor sammeln wollen, indem wir die Typ-Annotation Vec<_> hinzufügen.

BufReader implementiert das Merkmal std::io::BufRead, das die Methode lines bereitstellt. Die Methode lines gibt einen Iterator von Result<String, std::io::Error> zurück, indem sie den Datenstrom immer dann aufteilt, wenn sie ein Neue-Zeile-Byte sieht. Um jeden String zu erhalten, wird jedes Result abgebildet und unwrap aufgerufen. Das Result könnte einen Fehler darstellen, wenn die Daten kein gültiges UTF-8 sind oder wenn es ein Problem beim Lesen aus dem Strom gab. Auch hier sollte ein Produktivprogramm diese Fehler besser behandeln, aber der Einfachheit halber brechen wir das Programm im Fehlerfall ab.

Der Browser signalisiert das Ende einer HTTP-Anfrage, indem er zwei Zeilenumbrüche hintereinander sendet. Um also eine Anfrage aus dem Strom zu erhalten, nehmen wir so lange Zeilen an, bis wir eine leere Zeile erhalten. Sobald wir die Zeilen im Vektor gesammelt haben, geben wir sie mit einer hübschen Debug-Formatierung aus, damit wir einen Blick auf die Anweisungen werfen können, die der Webbrowser an unseren Server sendet.

Lass uns diesen Code ausprobieren! Starte das Programm und stelle erneut eine Anfrage in einem Webbrowser. Beachte, dass wir immer noch eine Fehlerseite im Browser erhalten, aber die Ausgabe unseres Programms im Terminal wird nun ähnlich aussehen:

$ cargo run
   Compiling hello v0.1.0 (file:///projects/hello)
    Finished dev [unoptimized + debuginfo] target(s) in 0.42s
     Running `target/debug/hello`
Request: [
    "GET / HTTP/1.1",
    "Host: 127.0.0.1:7878",
    "User-Agent: Mozilla/5.0 (Macintosh; Intel Mac OS X 10.15; rv:99.0) Gecko/20100101 Firefox/99.0",
    "Accept: text/html,application/xhtml+xml,application/xml;q=0.9,image/avif,image/webp,*/*;q=0.8",
    "Accept-Language: en-US,en;q=0.5",
    "Accept-Encoding: gzip, deflate, br",
    "DNT: 1",
    "Connection: keep-alive",
    "Upgrade-Insecure-Requests: 1",
    "Sec-Fetch-Dest: document",
    "Sec-Fetch-Mode: navigate",
    "Sec-Fetch-Site: none",
    "Sec-Fetch-User: ?1",
    "Cache-Control: max-age=0",
]

Je nach Browser erhältst du möglicherweise eine etwas andere Ausgabe. Jetzt, wo wir die Anfragedaten ausgeben, können wir sehen, warum wir mehrere Verbindungen von einer Browser-Anfrage erhalten, wenn wir uns den Pfad nach GET in der ersten Zeile der Anfrage ansehen. Wenn die wiederholten Verbindungen alle / anfordern, wissen wir, dass der Browser wiederholt versucht, / abzurufen, weil er keine Antwort von unserem Programm erhält.

Lass uns diese Anfragedaten aufschlüsseln, um zu verstehen, was der Browser von unserem Programm will.

Ein genauerer Blick auf eine HTTP-Anfrage

HTTP ist ein textbasiertes Protokoll und eine Anfrage hat dieses Format an:

Method Request-URI HTTP-Version CRLF
headers CRLF
message-body

Die erste Zeile ist die Anfragezeile (request line), die Informationen darüber enthält, was der Client anfragt. Der erste Teil der Anfragezeile gibt die Methode an, die verwendet wird, z.B. GET oder POST, die beschreibt, wie der Client diese Anfrage stellt. Unser Client benutzte eine GET-Anfrage, was bedeutet, dass er nach Informationen fragt.

Der nächste Teil der Anfragezeile ist /, der den einheitlichen Ressourcenbezeichner (Uniform Resource Identifier, kurz URI) angibt, den der Client anfragt: Ein URI ist fast, aber nicht ganz dasselbe wie ein einheitlicher Ressourcenzeiger (Uniform Resource Locator, kurz URL). Der Unterschied zwischen URIs und URLs ist für unsere Zwecke in diesem Kapitel nicht wichtig, aber die HTTP-Spezifikation verwendet den Begriff URI, sodass wir hier einfach gedanklich URL durch URI ersetzen können.

Der letzte Teil ist die HTTP-Version, die der Client verwendet, und dann endet die Anfragezeile mit einer CRLF-Sequenz. (CRLF steht für carriage return (Wagenrücklauf) und line feed (Zeilenvorschub), das sind Begriffe aus der Schreibmaschinenzeit!) Die CRLF-Sequenz kann auch als \r\n geschrieben werden, wobei \r ein Wagenrücklauf und \n ein Zeilenvorschub ist. Die CRLF-Sequenz trennt die Anfragezeile von den restlichen Anfragedaten. Beachte, dass wir beim Ausgeben von CRLF eine neue Zeile sehen und nicht \r\n.

Wenn wir uns die Daten der Anfragezeile ansehen, die wir bisher beim Ausführen unseres Programms erhalten haben, sehen wir, dass GET die Methode, / die Anfrage-URI und HTTP/1.1 die Version ist.

Nach der Anfragezeile sind die restlichen Zeilen ab Host: Kopfzeilen. GET-Anfragen haben keinen Rumpf (body).

Versuche, eine Anfrage von einem anderen Browser aus zu stellen oder nach einer anderen Adresse zu fragen, z.B. 127.0.0.1:7878/test, um zu sehen, wie sich die Anfragedaten ändern.

Jetzt, da wir wissen, was der Browser anfragt, schicken wir ein paar Daten zurück!

Schreiben einer Antwort

Wir implementieren das Senden von Daten als Antwort auf eine Clientanfrage. Die Antworten haben das folgende Format:

HTTP-Version Status-Code Reason-Phrase CRLF
headers CRLF
message-body

Die erste Zeile ist eine Statuszeile, die die in der Antwort verwendete HTTP-Version, einen numerischen Statuscode, der das Ergebnis der Anfrage zusammenfasst, und eine Begründungsphrase, die eine Textbeschreibung des Statuscodes liefert, enthält. Nach der CRLF-Sequenz folgen beliebige Kopfzeilen, eine weitere CRLF-Sequenz und der Rumpf der Antwort.

Hier ist eine Beispielantwort, die HTTP-Version 1.1 verwendet, den Statuscode 200, eine OK-Begründungsphrase, keine Kopfzeilen und keinen Rumpf hat:

HTTP/1.1 200 OK\r\n\r\n

Der Statuscode 200 ist die Standard-Erfolgsantwort. Der Text ist eine winzige erfolgreiche HTTP-Antwort. Lass uns dies als Antwort auf eine erfolgreiche Anfrage in den Strom schreiben! Entferne aus der Funktion handle_connection das println!, das die Anfragedaten ausgegeben hat, und ersetze es durch den Code in Codeblock 20-3.

Dateiname: src/main.rs

use std::{
    io::{prelude::*, BufReader},
    net::{TcpListener, TcpStream},
};

fn main() {
    let listener = TcpListener::bind("127.0.0.1:7878").unwrap();

    for stream in listener.incoming() {
        let stream = stream.unwrap();

        handle_connection(stream);
    }
}

fn handle_connection(mut stream: TcpStream) {
    let buf_reader = BufReader::new(&mut stream);
    let http_request: Vec<_> = buf_reader
        .lines()
        .map(|result| result.unwrap())
        .take_while(|line| !line.is_empty())
        .collect();

    let response = "HTTP/1.1 200 OK\r\n\r\n";

    stream.write_all(response.as_bytes()).unwrap();
}

Codeblock 20-3: Schreiben einer kleinen erfolgreichen HTTP-Antwort in den Strom

Die erste neue Zeile definiert die Variable response, die die Daten der Erfolgsmeldung enthält. Dann rufen wir as_bytes auf unserer response auf, um die Zeichenkettendaten in Bytes zu konvertieren. Die Methode write_all auf stream nimmt ein &[u8] und sendet diese Bytes direkt in die Verbindung. Da die Operation write_all fehlschlagen könnte, verwenden wir wie bisher bei jedem Fehlerergebnis unwrap . Auch hier würdest du in einer echten Anwendung eine Fehlerbehandlung hinzufügen.

Lass uns mit diesen Änderungen unseren Code ausführen und eine Anfrage stellen. Wir geben keine Daten mehr im Terminal aus, sodass wir außer der Ausgabe von Cargo keine weiteren Ausgaben sehen werden. Wenn du 127.0.0.1:7878 in einem Webbrowser lädst, solltest du statt eines Fehlers eine leere Seite sehen. Du hast soeben das Empfangen einer HTTP-Anfrage und das Senden einer Antwort von Hand programmiert!

Echtes HTML zurückgeben

Lass uns die Funktionalität für die Rückgabe von mehr als einer leeren Seite implementieren. Erstelle die neue Datei hello.html in der Wurzel deines Projektverzeichnisses, nicht im Verzeichnis src. Du kannst beliebiges HTML eingeben, das du willst; Codeblock 20-4 zeigt eine Möglichkeit.

Dateiname: hello.html

<!DOCTYPE html>
<html lang="en">
  <head>
    <meta charset="utf-8">
    <title>Hallo!</title>
  </head>
  <body>
    <h1>Hallo!</h1>
    <p>Hallo von Rust</p>
  </body>
</html>

Codeblock 20-4: Eine Beispiel-HTML-Datei, die in einer Antwort zurückgegeben werden soll

Dies ist ein minimales HTML5-Dokument mit einer Überschrift und etwas Text. Um dies vom Server zurückzugeben, wenn eine Anfrage empfangen wird, modifizieren wir handle_connection wie in Codeblock 20-5 gezeigt, um die HTML-Datei zu lesen, sie der Antwort als Rumpf hinzuzufügen und sie zu senden.

Dateiname: src/main.rs

use std::{
    fs,
    io::{prelude::*, BufReader},
    net::{TcpListener, TcpStream},
};
// --abschneiden--

fn main() {
    let listener = TcpListener::bind("127.0.0.1:7878").unwrap();

    for stream in listener.incoming() {
        let stream = stream.unwrap();

        handle_connection(stream);
    }
}

fn handle_connection(mut stream: TcpStream) {
    let buf_reader = BufReader::new(&mut stream);
    let http_request: Vec<_> = buf_reader
        .lines()
        .map(|result| result.unwrap())
        .take_while(|line| !line.is_empty())
        .collect();

    let status_line = "HTTP/1.1 200 OK";
    let contents = fs::read_to_string("hello.html").unwrap();
    let length = contents.len();

    let response =
        format!("{status_line}\r\nContent-Length: {length}\r\n\r\n{contents}");

    stream.write_all(response.as_bytes()).unwrap();
}

Codeblock 20-5: Senden des Inhalts von hello.html als Rumpf der Antwort

Wir haben fs zur use-Deklaration hinzugefügt, um das Dateisystemmodul der Standardbibliothek in den Gültigkeitsbereich zu bringen. Der Code zum Lesen des Inhalts einer Datei in eine Zeichenkette sollte vertraut aussehen; wir haben ihn in Kapitel 12 verwendet, als wir den Inhalt einer Datei für unser E/A-Projekt in Codeblock 12-4 gelesen haben.

Als Nächstes verwenden wir format!, um den Inhalt der Datei als Rumpf der Erfolgsantwort hinzuzufügen. Um eine gültige HTTP-Antwort zu gewährleisten, fügen wir den Header Content-Length hinzu, der auf die Größe unseres Antwortrumpfs gesetzt wird, in diesem Fall auf die Größe von hello.html.

Führe diesen Code mit cargo run aus und lade 127.0.0.1:7878 im Browser; du solltest dein HTML gerendert sehen!

Gegenwärtig ignorieren wir die Anfragedaten in http_request und senden einfach den Inhalt der HTML-Datei bedingungslos zurück. Das heißt, wenn du versuchst, 127.0.0.1:7878/something-else in deinem Browser anzufragen, erhältst du immer noch dieselbe HTML-Antwort zurück. Unser Server ist im Moment sehr begrenzt und macht nicht das, was die meisten Webserver tun. Wir wollen unsere Antworten je nach Anfrage anpassen und nur die HTML-Datei für eine wohlgeformte Anfrage an / zurücksenden.

Validieren der Anfrage und selektives Beantworten

Im Moment wird unser Webserver das HTML in der Datei zurückgeben, unabhängig davon, was der Client angefragt hat. Fügen wir Funktionen hinzu, um zu überprüfen, ob der Browser / anfragt, bevor er die HTML-Datei zurückgibt, und um einen Fehler zurückzugeben, wenn der Browser etwas anderes anfragt. Dazu müssen wir handle_connection modifizieren, wie in Codeblock 20-6 gezeigt. Dieser neue Code prüft den Inhalt der erhaltenen Anfrage, ob / angefragt wird, und fügt if- und else-Blöcke hinzu, um die Anfragen unterschiedlich zu behandeln.

Dateiname: src/main.rs

use std::{
    fs,
    io::{prelude::*, BufReader},
    net::{TcpListener, TcpStream},
};

fn main() {
    let listener = TcpListener::bind("127.0.0.1:7878").unwrap();

    for stream in listener.incoming() {
        let stream = stream.unwrap();

        handle_connection(stream);
    }
}

// --abschneiden--

fn handle_connection(mut stream: TcpStream) {
    let buf_reader = BufReader::new(&mut stream);
    let request_line = buf_reader.lines().next().unwrap().unwrap();

    if request_line == "GET / HTTP/1.1" {
        let status_line = "HTTP/1.1 200 OK";
        let contents = fs::read_to_string("hello.html").unwrap();
        let length = contents.len();

        let response = format!(
            "{status_line}\r\nContent-Length: {length}\r\n\r\n{contents}"
        );

        stream.write_all(response.as_bytes()).unwrap();
    } else {
        // eine andere Anfrage
    }
}

Codeblock 20-6: Behandlung von Anfragen an / anders als andere Anfragen

Wir werden uns nur die erste Zeile der HTTP-Anfrage ansehen. Anstatt also die gesamte Anfrage in einen Vektor zu lesen, rufen wir next auf, um das erste Element aus dem Iterator zu erhalten. Das erste unwrap kümmert sich um die Option und hält das Programm an, wenn der Iterator keine Elemente hat. Das zweite unwrap behandelt das Result und hat den gleichen Effekt wie das unwrap in map in Codeblock 20-2.

Als nächstes überprüfen wir request_line, um zu sehen, ob es der Anfragezeile einer GET-Anfrage mit dem Pfad / entspricht. Ist dies der Fall, gibt der if-Block den Inhalt unserer HTML-Datei zurück.

Wenn request_line nicht der GET-Anfrage mit dem / Pfad entspricht, bedeutet das, dass wir eine andere Anfrage erhalten haben. Wir werden dem else-Block gleich Code hinzufügen, um auf alle anderen Anfragen zu reagieren.

Führe diesen Code jetzt aus und frage 127.0.0.1:7878 an; du solltest das HTML in hello.html erhalten. Wenn du eine andere Anfrage stellst, z.B. 127.0.0.1:7878/something-else, erhältst du einen Verbindungsfehler, wie du ihn beim Ausführen des Codes in Codeblock 20-1 und Codeblock 20-2 gesehen hast.

Fügen wir nun den Code in Codeblock 20-7 in den else-Block ein, um eine Antwort mit dem Statuscode 404 zurückzugeben, der signalisiert, dass der Inhalt für die Anfrage nicht gefunden wurde. Wir geben auch etwas HTML für eine Seite zurück, die im Browser dargestellt werden soll, um dem Endbenutzer die Antwort anzuzeigen.

Dateiname: src/main.rs

use std::{
    fs,
    io::{prelude::*, BufReader},
    net::{TcpListener, TcpStream},
};

fn main() {
    let listener = TcpListener::bind("127.0.0.1:7878").unwrap();

    for stream in listener.incoming() {
        let stream = stream.unwrap();

        handle_connection(stream);
    }
}

fn handle_connection(mut stream: TcpStream) {
    let buf_reader = BufReader::new(&mut stream);
    let request_line = buf_reader.lines().next().unwrap().unwrap();

    if request_line == "GET / HTTP/1.1" {
        let status_line = "HTTP/1.1 200 OK";
        let contents = fs::read_to_string("hello.html").unwrap();
        let length = contents.len();

        let response = format!(
            "{status_line}\r\nContent-Length: {length}\r\n\r\n{contents}"
        );

        stream.write_all(response.as_bytes()).unwrap();
    // --abschneiden--
    } else {
        let status_line = "HTTP/1.1 404 NOT FOUND";
        let contents = fs::read_to_string("404.html").unwrap();
        let length = contents.len();

        let response = format!(
            "{status_line}\r\nContent-Length: {length}\r\n\r\n{contents}"
        );

        stream.write_all(response.as_bytes()).unwrap();
    }
}

Codeblock 20-7: Antworten mit Statuscode 404 und einer Fehlerseite, wenn etwas anderes als / angefragt wurde

Hier hat unsere Antwort eine Statuszeile mit Statuscode 404 und der Begründungsphrase NOT FOUND (nicht gefunden). Der Rumpf der Antwort wird das HTML in der Datei 404.html sein. Du musst neben hallo.html eine Datei 404.html für die Fehlerseite erstellen; auch hier kannst du jedes beliebige HTML verwenden oder das Beispiel-HTML in Codeblock 20-8.

Dateiname: 404.html

<!DOCTYPE html>
<html lang="en">
  <head>
    <meta charset="utf-8">
    <title>Hallo!</title>
  </head>
  <body>
    <h1>Ups!</h1>
    <p>Entschuldige, ich weiß nicht wonach du gefragt hast.</p>
  </body>
</html>

Codeblock 20-8: Beispielinhalt für die Seite, die mit jeder 404-Antwort zurückgesendet werden soll

Lass deinen Server mit diesen Änderungen erneut laufen. Die Anfrage 127.0.0.1:7878 sollte den Inhalt von hallo.html zurückgeben und jede andere Anfrage, wie 127.0.0.1:7878/foo, sollte das Fehler-HTML von 404.html zurückgeben.

Ein Hauch von Refaktorierung

Im Moment haben die if- und else-Blöcke eine Menge Wiederholungen: Sie lesen beide Dateien und schreiben den Inhalt der Dateien in den Strom. Die einzigen Unterschiede sind die Statuszeile und der Dateiname. Lass uns den Code prägnanter gestalten, indem wir diese Unterschiede in separate if- und else-Zeilen herausziehen, die die Werte der Statuszeile und des Dateinamens Variablen zuweisen; wir können diese Variablen dann bedingungslos im Code verwenden, um die Datei zu lesen und die Antwort zu schreiben. Codeblock 20-9 zeigt den resultierenden Code nach dem Ersetzen der großen if- und else-Blöcke.

Dateiname: src/main.rs

use std::{
    fs,
    io::{prelude::*, BufReader},
    net::{TcpListener, TcpStream},
};

fn main() {
    let listener = TcpListener::bind("127.0.0.1:7878").unwrap();

    for stream in listener.incoming() {
        let stream = stream.unwrap();

        handle_connection(stream);
    }
}

// --abschneiden--

fn handle_connection(mut stream: TcpStream) {
    // --abschneiden--

    let buf_reader = BufReader::new(&mut stream);
    let request_line = buf_reader.lines().next().unwrap().unwrap();

    let (status_line, filename) = if request_line == "GET / HTTP/1.1" {
        ("HTTP/1.1 200 OK", "hello.html")
    } else {
        ("HTTP/1.1 404 NOT FOUND", "404.html")
    };

    let contents = fs::read_to_string(filename).unwrap();
    let length = contents.len();

    let response =
        format!("{status_line}\r\nContent-Length: {length}\r\n\r\n{contents}");

    stream.write_all(response.as_bytes()).unwrap();
}

Codeblock 20-9: Refaktorieren der if- und else-Blöcke, sodass sie nur den Code enthalten, der sich zwischen den beiden Fällen unterscheidet

Die Blöcke if und else geben jetzt nur noch die entsprechenden Werte für die Statuszeile und den Dateinamen in einem Tupel zurück; wir verwenden dann die Destrukturierung, um diese beiden Werte den Variablen status_line und filename zuzuweisen, unter Verwendung eines Musters in der let-Anweisung, wie in Kapitel 18 besprochen.

Der zuvor duplizierte Code befindet sich jetzt außerhalb der Blöcke if und else und verwendet die Variablen status_line und filename. Dies macht es einfacher, den Unterschied zwischen den beiden Fällen zu erkennen, und es bedeutet, dass wir nur einen Ort haben, an dem wir den Code aktualisieren müssen, wenn wir ändern wollen, wie das Lesen der Datei und das Schreiben der Antwort funktionieren. Das Verhalten des Codes in Codeblock 20-9 ist dasselbe wie in Codeblock 20-8.

Fantastisch! Wir haben jetzt einen einfachen Webserver mit etwa 40 Zeilen Rust-Code, der auf eine Anfrage mit einer Inhaltsseite antwortet und auf alle anderen Anfragen mit einer 404-Antwort.

Derzeit läuft unser Server in einem einzigen Strang (thread), d.h. er kann immer nur eine Anfrage gleichzeitig bedienen. Lass uns untersuchen, warum das ein Problem sein kann, indem wir einige langsame Anfragen simulieren. Dann werden wir es beheben, indem unser Server mehrere Anfragen auf einmal bearbeiten kann.