Eine Reihe von Elementen verarbeiten mit Iteratoren

Iteratoren ermöglichen dir, nacheinander eine Aufgabe für eine Folge von Elementen auszuführen. Der Iterator ist für die Logik verantwortlich, die Elemente zu durchlaufen und zu bestimmen, wann eine Sequenz beendet ist. Durch die Verwendung von Iteratoren ist es nicht notwendig, diese Logik selbst neu zu implementieren.

Die Iteratoren in Rust sind faul (lazy), das bedeutet, dass sie erst durch Methodenaufrufe konsumiert werden müssen, um einen Effekt zu haben. Der Programmcode in Codeblock 13-10 erstellt beispielsweise einen Iterator über die Elemente im Vektor v1 indem die in Vec<T> definierte Methode iter aufgerufen wird. Dieser Programmcode macht nichts Sinnvolles.

#![allow(unused)]
fn main() {
let v1 = vec![1, 2, 3];

let v1_iter = v1.iter();
}

Codeblock 13-10: Einen Iterator erstellen

Der Iterator wird in der Variable v1_iter gespeichert. Sobald wir einen Iterator erstellt haben, können wir ihn auf verschiedene Weise verwenden. In Codeblock 3-5 in Kapitel 3 haben wir über ein Array iteriert, indem wir eine for-Schleife verwendet haben, um einen Code für jedes Element auszuführen. Unter der Haube wird dabei implizit ein Iterator erzeugt und dann konsumiert, aber wir haben bis jetzt übersehen, wie das genau funktioniert.

In Codeblock 13-11 wird die Erstellung des Iterators von dessen Verwendung in der for-Schleife getrennt. Wenn die for-Schleife unter Verwendung des Iterators in v1_iter aufgerufen wird, wird jedes Element des Iterators in einer Iteration der Schleife verwendet, die den jeweiligen Wert ausgibt.

#![allow(unused)]
fn main() {
let v1 = vec![1, 2, 3];

let v1_iter = v1.iter();

for val in v1_iter {
    println!("Erhalten: {}", val);
}
}

Codeblock 13-11: Verwendung eines Iterators in einer for-Schleife

In Sprachen, deren Standardbibliotheken Iteratoren nicht bereitstellen, würde man diese Funktionalität bereitstellen, indem man eine Variable bei Index 0 startet und diese zum Indizieren im Vektor verwendet und den Wert der Indexvariable bei jedem Schleifendurchlauf erhöht bis die Gesamtzahl der Elemente im Vektor erreicht ist.

Iteratoren übernehmen derartige Logik für dich und reduzieren dadurch sich wiederholenden Code, der zusätzliche Fehlerquellen beinhalten kann. Iteratoren geben dir mehr Flexibilität bei der Verwendung derselben Logik für viele verschiedene Arten von Sequenzen, nicht nur für Datenstrukturen, die du wie Vektoren indizieren kannst. Lass uns herausfinden, wie Iteratoren das bewerkstelligen.

Das Merkmal (trait) Iterator und die Methode next

Alle Iteratoren implementieren ein Merkmal namens Iterator das in der Standardbibliothek definiert ist. Die Definition dieses Merkmals sieht wie folgt aus:

#![allow(unused)]
fn main() {
pub trait Iterator {
    type Item;

    fn next(&mut self) -> Option<Self::Item>;

    // Methoden mit Standardimplementierung wurden elidiert
}
}

Beachte, dass in der Definition eine neue Syntax verwendet wird: type Item und Self::Item die einen zugeordneten Typ (associated type) mit diesem Merkmal definieren. Wir werden zugeordnete Typen im Kapitel 19 besprechen. Im Moment musst du nur wissen, dass dieser Programmcode bedeutet, dass die Implementierung des Iterator-Merkmals erfordert, dass du auch einen Item-Typ definierst und dieser Item-Typ im Rückgabetyp der next-Methode benutzt wird. Mit anderen Worten wird der Item-Typ der vom Iterator zurückgegebene Typ sein.

Für das Iterator-Merkmal muss man bei der Implementierung nur eine Methode definieren: Die next-Methode, die jeweils ein Element des Iterators verpackt in Some zurückgibt und nach Beendigung der Iteration None zurückgibt.

Wir können für Iteratoren die next-Methode direkt aufrufen. Codeblock 13-12 zeigt, welche Werte bei wiederholten Aufrufen von next auf einen aus einem Vektor erstellten Iterator zurückgegeben werden:

Dateiname: src/lib.rs

#[cfg(test)]
mod tests {

    #[test]
    fn iterator_demonstration() {
        let v1 = vec![1, 2, 3];

        let mut v1_iter = v1.iter();

        assert_eq!(v1_iter.next(), Some(&1));
        assert_eq!(v1_iter.next(), Some(&2));
        assert_eq!(v1_iter.next(), Some(&3));
        assert_eq!(v1_iter.next(), None);
    }

}

Codeblock 13-12: Iterator mit der next-Methode aufrufen

Beachte, dass wir v1_iter veränderbar (mutable) machen mussten: Beim Aufrufen der next-Methode auf einen Iterator wird dessen interner Status geändert, der verwendet wird, um festzustellen, wo sich der Iterator in der Sequenz befindet. Mit anderen Worten verbraucht dieser Programmcode den Iterator. Jeder Aufruf von next isst ein Element des Iterators auf. Als wir die for-Schleife benutzten, mussten wir v1_iter nicht veränderbar machen, da dies schon hinter den Kulissen geschah, als die Schleife die Eigentümerschaft (ownership) von v1_iter übernahm.

Merke auch, dass die Werte, die wir von den Aufrufen von next erhalten, unveränderbare Referenzen (immutable references) auf die Werte im Vektor sind. Die iter-Methode erzeugt einen Iterator über unveränderbare Referenzen. Wenn wir einen Iterator erzeugen möchten der die Eigentümerschaft von v1 übernimmt und angeeignete Werte (owned values) zurückgibt, können wir die into_iter-Methode anstelle von iter benutzen, und wenn wir über veränderbare Referenzen iterieren möchten, können wir iter_mut statt iter aufrufen.

Methoden die den Iterator verbrauchen

Das Iterator-Merkmal verfügt über eine Vielzahl von Methoden, die in der Standardbibliothek bereitgestellt werden. Du kannst dich über diese Methoden informieren, indem du in der Standardbibliothek-API-Dokumentation (standard library API documentation) nach dem Iterator-Merkmal suchst. Einige dieser Methoden rufen in ihrer Definition die next-Methode auf, daher musst du die next-Methode bei der Implementierung des Iterator-Merkmals einbauen.

Methoden die next aufrufen werden als konsumierende Adapter (consuming adaptors) bezeichnet, da deren Aufruf den Iterator verbraucht. Ein Beispiel ist die Methode sum, sie übernimmt die Eigentümerschaft des Iterators und durchläuft die Elemente durch wiederholtes Aufrufen von next, wodurch der Iterator verbraucht wird. Jedes Element wird während der Iteration zu einer Summe hinzugefügt, die zurückgegeben wird, sobald die Iteration abgeschlossen ist. Codeblock 13-13 enthält einen Test, der die sum-Methode veranschaulicht:

Dateiname: src/lib.rs

#[cfg(test)]
mod tests {

    #[test]
    fn iterator_sum() {
        let v1 = vec![1, 2, 3];

        let v1_iter = v1.iter();

        let total: i32 = v1_iter.sum();

        assert_eq!(total, 6);
    }

}

Codeblock 13-13: Aufruf der sum-Methode um den Wert der Summe aller Elemente zu erhalten

Man kann v1_iter nach dem Aufruf von sum nicht verwenden, da sum die Eigentümerschaft des Iterators übernimmt, auf dem sie aufgerufen wird.

Methoden die andere Iteratoren erzeugen

Iterator-Adaptoren sind Methoden, die auf dem Merkmal Iterator definiert sind und den Iterator nicht verbrauchen. Stattdessen erzeugen sie andere Iteratoren, indem sie einen Aspekt des ursprünglichen Iterators verändern.

Codeblock 13-14 zeigt ein Beispiel für den Aufruf der Iterator-Adaptor-Methode map, die einen Funktionsabschluss für jedes Element aufruft, während die Elemente durchlaufen werden. Die Methode map gibt einen neuen Iterator zurück, der die geänderten Elemente erzeugt. Der Funktionsabschluss erzeugt hier einen neuen Iterator, der jedes Element des Vektors um 1 erhöht:

Dateiname: src/main.rs

#![allow(unused)]
fn main() {
    let v1: Vec<i32> = vec![1, 2, 3];

    v1.iter().map(|x| x + 1);
}

Codeblock 13-14: Aufruf des Iteratoradapters map um einen neuen Iterator zu erzeugen

Dieser Code führt jedoch zu einer Warnung:

$ cargo run
   Compiling iterators v0.1.0 (file:///projects/iterators)
warning: unused `Map` that must be used
 --> src/main.rs:4:5
  |
4 |     v1.iter().map(|x| x + 1);
  |     ^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^
  |
  = note: iterators are lazy and do nothing unless consumed
  = note: `#[warn(unused_must_use)]` on by default
help: use `let _ = ...` to ignore the resulting value
  |
4 |     let _ = v1.iter().map(|x| x + 1);
  |     +++++++

warning: `iterators` (bin "iterators") generated 1 warning
    Finished dev [unoptimized + debuginfo] target(s) in 0.47s
     Running `target/debug/iterators`

Der Programmcode in Codeblock 13-14 hat keine Wirkung, der Funktionsabschluss wird nie aufgerufen. Die Warnung erinnert uns daran, dass Iteratoradapter faul sind und dass wir den Iterator verwenden müssen, um etwas zu bewirken.

Um das zu beheben, werden wir die collect-Methode verwenden, die wir im Kapitel 12 mit env::args im Codeblock 12-1 benutzt haben. Diese Methode konsumiert den Iterator und sammelt die Ergebniswerte in einen Kollektionsdatentyp (collection data type).

In Codeblock 13-15 sammeln wir die Resultate der Iterationen über den Iterator, der vom Aufruf der map-Methode zurückgegeben wird, in einem Vektor. Dieser Vektor wird dann alle Elemente vom Originalvektor erhöht um 1 beinhalten.

Dateiname: src/main.rs

#![allow(unused)]
fn main() {
    let v1: Vec<i32> = vec![1, 2, 3];

    let v2: Vec<_> = v1.iter().map(|x| x + 1).collect();

    assert_eq!(v2, vec![2, 3, 4]);
}

Codeblock 13-15: Aufruf der map-Methode um einen Iterator zu erzeugen und anschließend der collect-Methode um den Iterator zu verbrauchen und einen Vektor zu erzeugen

Da map einen Funktionsabschluss als Parameter annimmt, können wir eine beliebige Operation spezifizieren, die wir auf jedes Element anwenden wollen. Dies ist ein gutes Beispiel dafür, wie man mit Funktionsabschlüssen ein Verhalten anpassen kann, während das vom Iterator-Merkmal bereitgestellte Iterationsverhalten wiederverwendet wird.

Du kannst mehrere Aufrufe von Iterator-Adaptoren verketten, um komplexe Aktionen auf lesbare Weise durchzuführen. Da jedoch alle Iteratoren faul sind, musst du eine der konsumierenden Adaptermethoden aufrufen, um Ergebnisse aus Aufrufen von Iteratoradaptern zu erhalten.

Verwendung von Funktionsabschlüssen die ihre Umgebung erfassen

Viele Iterator-Adapter nehmen Funktionsabschlüsse als Argumente, und in der Regel werden diese Funktionsabschlüsse solche sein, die ihre Umgebung erfassen.

In diesem Beispiel verwenden wir die Methode filter, die einen Funktionsabschluss entgegennimmt. Der Funktionsabschluss holt ein Element aus dem Iterator und gibt ein bool zurück. Wenn der Funktionsabschluss true zurückgibt, wird der Wert in die von filter erzeugte Iteration aufgenommen. Wenn der Funktionsabschluss false zurückgibt, wird der Wert nicht aufgenommen.

Im Codeblock 13-16 benutzen wir filter mit einem Funktionsabschluss, der die Variable shoe_size aus seiner Umgebung erfasst, um über eine Kollektion von Shoe-Strukturinstanzen zu iterieren. Er wird nur Schuhe (shoes) einer bestimmten Größe zurückgeben.

Dateiname: src/lib.rs

#[derive(PartialEq, Debug)]
struct Shoe {
    size: u32,
    style: String,
}

fn shoes_in_size(shoes: Vec<Shoe>, shoe_size: u32) -> Vec<Shoe> {
    shoes.into_iter().filter(|s| s.size == shoe_size).collect()
}

#[cfg(test)]
mod tests {
    use super::*;

    #[test]
    fn filters_by_size() {
        let shoes = vec![
            Shoe {
                size: 10,
                style: String::from("sneaker"),
            },
            Shoe {
                size: 13,
                style: String::from("sandal"),
            },
            Shoe {
                size: 10,
                style: String::from("boot"),
            },
        ];

        let in_my_size = shoes_in_size(shoes, 10);

        assert_eq!(
            in_my_size,
            vec![
                Shoe {
                    size: 10,
                    style: String::from("sneaker")
                },
                Shoe {
                    size: 10,
                    style: String::from("boot")
                },
            ]
        );
    }
}

Codeblock 13-16: Die filter-Methode mit einen Funktionsabschluss benutzen der shoe_size erfasst

Die shoes_in_size-Funktion übernimmt die Eigentümerschaft über einen Vektor aus Schuhen mit der Schuhgröße als Parameter und gibt einen Vektor zurück, der nur Schuhe einer bestimmten Größe enthält.

Im Funktionsrumpf von shoes_in_size rufen wir into_iter auf, um einen Iterator zu erzeugen, der die Eigentümerschaft vom Vektor übernimmt. Im Anschluss rufen wir den filter-Adapter auf, um einen neuen Iterator zu erzeugen, der nur Elemente enthält, für die der Funktionsabschluss true zurückgibt.

Der Funktionsabschluss erfasst den shoe_size-Parameter aus seiner Umgebung und vergleicht dessen Wert mit der jeweiligen Schuhgröße und behält nur Schuhe der gewählten Größe. Zuletzt sammelt der Aufruf der collect-Methode die zurückgegeben Werte des angeschlossenen Adapters in den Vektor, der von der Funktion zurückgegeben wird.

Der Test zeigt, wenn wir shoes_in_size aufrufen, bekommen wir nur Schuhe der spezifizierten Größe zurück.