Programmcode beim Aufräumen ausführen mit dem Merkmal (trait) Drop
Das zweite wichtige Merkmal für intelligente Zeiger ist Drop
, mit dem man
anpassen kann, was passiert, wenn ein Wert den Gültigkeitsbereich verlässt. Man
kann eine Implementierung für das Merkmal (trait) Drop
für jeden Typ
bereitstellen, und der angegebene Programmcode kann zum Freigeben von
Ressourcen wie Dateien oder Netzwerkverbindungen verwendet werden.
Wir führen Drop
im Kontext von intelligenten Zeigern ein, da die
Funktionalität des Merkmals Drop
fast immer bei der Implementierung eines
intelligenten Zeigers verwendet wird. Wenn beispielsweise eine Box<T>
aufgeräumt wird, wird der Speicherplatz auf dem Haldenspeicher freigegeben, auf
den die Box zeigt.
In einigen Programmiersprachen muss der Programmierer für manche Datentypen den Speicher oder die Ressourcen manuell freigeben, wenn die jeweiligen Instanzen nicht mehr benötigt werden. Beispiele hierfür sind Dateiressourcen, Sockets oder Sperren. Wenn er das vergisst, kann das System überlastet werden und abstürzen. In Rust kannst du festlegen, dass ein bestimmter Programmcode ausgeführt wird, sobald ein Wert seinen Gültigkeitsbereich verlässt. Der Compiler fügt dann diesen Programmcode automatisch ein. Infolgedessen muss man sich nicht darum kümmern, an allen relevanten Stellen Aufräumcode zu platzieren, und verschwendet trotzdem keine Ressourcen!
Du schreibst den Programmcode der ausgeführt wird, wenn ein Wert den
Gültigkeitsbereich verlässt, durch Implementieren des Merkmals Drop
. Für das
Merkmal Drop
muss man eine Methode drop
implementieren, die eine
veränderbare Referenz auf self
enthält. Um zu sehen, wann Rust drop
aufruft, implementieren wir drop
zunächst mit println!
-Anweisungen.
Codeblock 15-14 zeigt eine Struktur (struct) CustomSmartPointer
, deren einzige
benutzerdefinierte Funktionalität darin besteht, dass Lösche CustomSmartPointer!
ausgegeben wird, wenn die Instanz den Gültigkeitsbereich
verlässt, um zu zeigen, wann Rust die drop
-Funktion ausführt.
Dateiname: src/main.rs
struct CustomSmartPointer { data: String, } impl Drop for CustomSmartPointer { fn drop(&mut self) { println!("CustomSmartPointer mit Daten aufräumen: `{}`!", self.data); } } fn main() { let c = CustomSmartPointer { data: String::from("meine Sache"), }; let d = CustomSmartPointer { data: String::from("andere Sachen"), }; println!("CustomSmartPointers erzeugt."); }
Das Merkmal Drop
ist im Präludium (prelude) enthalten, daher müssen wir es
nicht in den Gültigkeitsbereich bringen. Wir implementieren das Merkmal Drop
in CustomSmartPointer
und stellen eine Implementierung für die Methode drop
bereit, die println!
aufruft. Im Hauptteil der drop
-Funktion kannst du jede
Logik platzieren, die du ausführen möchtest, wenn eine Instanz deines Typs
ihren Gültigkeitsbereich verlässt. Wir geben hier einen Text aus, um visuell zu
zeigen, wann Rust drop
aufruft.
In main
erstellen wir zwei Instanzen von CustomSmartPointer
und geben dann
CustomSmartPointers erzeugt
aus. Am Ende von main
werden unsere Instanzen
von CustomSmartPointer
nicht mehr gültig sein, und Rust ruft den Programmcode
auf, den wir in der drop
-Methode angegeben haben, und gibt unsere endgültige
Nachricht aus. Beachte, dass wir die drop
-Methode nicht explizit aufrufen
mussten.
Wenn wir das Programm ausführen, erhalten wir folgende Ausgabe:
$ cargo run
Compiling drop-example v0.1.0 (file:///projects/drop-example)
Finished dev [unoptimized + debuginfo] target(s) in 0.60s
Running `target/debug/drop-example`
CustomSmartPointers erzeugt.
CustomSmartPointer mit Daten aufräumen: `andere Sachen`!
CustomSmartPointer mit Daten aufräumen: `meine Sache`!
Rust hat für uns automatisch drop
und den von uns angegebenen Programmcode
aufgerufen, sobald unsere Instanzen den Gültigkeitsbereich verlassen haben.
Variablen werden in umgekehrter Reihenfolge ihrer Erstellung aufgeräumt, daher
wurde d
vor c
aufgeräumt. Der Zweck dieses Beispiels ist, dir eine visuelle
Anleitung zur Funktionsweise der drop
-Methode zu geben. Normalerweise
schreibst du den Aufräumcode, den dein Typ ausführen muss, anstatt einen Text
auszugeben.
Einen Wert mit std::mem::drop
frühzeitig aufräumen
Unglücklicherweise ist es nicht einfach, die automatische drop
-Funktionalität
zu deaktivieren. Für gewöhnlich ist es auch nicht erforderlich; der wesentliche
Punkt des Drop
-Merkmals ist, dass es automatisch erledigt wird. Gelegentlich
möchte man jedoch möglicherweise einen Wert frühzeitig aufräumen. Ein Beispiel
ist die Verwendung intelligenter Zeiger, die Sperren verwalten: Möglicherweise
möchtest du die drop
-Methode dazu zwingen, die Sperre freizugegeben,
damit anderer Programmcode im selben Gültigkeitsbereich die Sperre erhalten
kann. Mit Rust kann man die drop
-Methode des Drop
-Merkmals nicht manuell
aufrufen. Stattdessen muss man die von der Standardbibliothek bereitgestellte
Funktion std::mem::drop
aufrufen, wenn man das Aufräumen eines Werts vor dem
Ende seines ültigkeitsbereich erzwingen möchte.
Wenn wir versuchen die drop
-Methode des Drop
-Merkmals manuell aufzurufen,
indem wir die main
-Funktion aus Codeblock 15-14 ändern, wie im Codeblock
15-15, gezeigt, erhalten wir folgenden Fehler beim Kompilieren:
Dateiname: src/main.rs
struct CustomSmartPointer { data: String, } impl Drop for CustomSmartPointer { fn drop(&mut self) { println!("CustomSmartPointer mit Daten aufräumen: `{}`!", self.data); } } fn main() { let c = CustomSmartPointer { data: String::from("Daten"), }; println!("CustomSmartPointer erzeugt."); c.drop(); println!("CustomSmartPointer vor dem Ende von main aufgeräumt."); }
Wenn wir versuchen, diesen Programmcode zu kompilieren, wird folgende Fehlermeldung ausgegeben:
$ cargo run
Compiling drop-example v0.1.0 (file:///projects/drop-example)
error[E0040]: explicit use of destructor method
--> src/main.rs:16:7
|
16 | c.drop();
| ^^^^ explicit destructor calls not allowed
|
help: consider using `drop` function
|
16 | drop(c);
| +++++ ~
For more information about this error, try `rustc --explain E0040`.
error: could not compile `drop-example` (bin "drop-example") due to 1 previous error
Diese Fehlermeldung besagt, dass wir drop
nicht explizit aufrufen dürfen. Die
Fehlermeldung verwendet den Begriff Destruktor (destructor), der der
allgemeine Programmierbegriff für eine Funktion ist, die eine Instanz
aufräumt. Ein Destruktor ist analog zu einem Konstruktor (constructor),
der eine Instanz erstellt. Die drop
-Funktion in Rust ist ein bestimmter
Destruktor.
Rust lässt uns drop
nicht explizit aufrufen, da Rust immer noch automatisch
für den Wert am Ende von main
drop
aufruft. Dies würde einen
Doppel-Freigabe-Fehler (double free error) verursachen, da Rust versuchen
würde, den gleichen Wert zweimal aufzuräumen.
Wir können das automatische Einfügen von drop
nicht deaktivieren, wenn ein
Wert den Gültigkeitsbereich verlässt, und wir können die Methode drop
nicht
explizit aufrufen. Wenn wir also erzwingen müssen, dass ein Wert frühzeitig
aufgeräumt wird, verwenden wir die Funktion std::mem::drop
.
Die Funktion std::mem::drop
unterscheidet sich von der Methode drop
im
Merkmal Drop
. Wir rufen sie auf, indem wir den Wert, dessen vorzeitiges
Aufräumen wir erzwingen möchten, der Funktion als Argument mitgeben. Die
Funktion befindet sich im Präludium, daher können wir main
in Codeblock 15-15
ändern, um die drop
-Funktion wie in Codeblock 15-16 gezeigt aufzurufen:
Dateiname: src/main.rs
struct CustomSmartPointer { data: String, } impl Drop for CustomSmartPointer { fn drop(&mut self) { println!("CustomSmartPointer mit Daten aufräumen: `{}`!", self.data); } } fn main() { let c = CustomSmartPointer { data: String::from("Daten"), }; println!("CustomSmartPointer erzeugt."); drop(c); println!("CustomSmartPointer vor dem Ende von main aufgeräumt."); }
Wenn wir den Programmcode aufrufen, wird folgendes ausgegeben:
$ cargo run
Compiling drop-example v0.1.0 (file:///projects/drop-example)
Finished dev [unoptimized + debuginfo] target(s) in 0.73s
Running `target/debug/drop-example`
CustomSmartPointer erzeugt.
CustomSmartPointer mit Daten aufräumen: `Daten`!
CustomSmartPointer vor dem Ende von main aufgeräumt.
Der Text CustomSmartPointer mit Daten aufräumen: `Daten`!
wird zwischen
CustomSmartPointer erzeugt
und CustomSmartPointer vor dem Ende von main aufgeräumt.
ausgegeben und zeigt, dass der drop
-Methodencode aufgerufen wird
um c
an diesem Punkt aufzuräumen.
Du kannst den Programmcode, der in einer Implementierung des Drop
-Merkmals
angegeben ist, auf viele Arten verwenden, um das Aufräumen bequem und sicher
zu gestalten. Du kannst ihn beispielsweise dazu verwenden, deine eigene
Speicherverwaltung (memory allocator) zu erstellen! Mit dem Merkmal Drop
und
dem Eigentümerschaftssystem von Rust musst du nicht ans Aufräumen denken, da
Rust dies automatisch tut.
Man muss sich auch keine Sorgen über Probleme machen, die sich aus dem
versehentlichen Aufräumen noch verwendeter Werte ergeben: Das
Eigentümerschaftssystem, das sicherstellt, das Referenzen immer gültig sind,
stellt auch sicher, dass drop
nur einmal aufgerufen wird, wenn der Wert nicht
mehr verwendet wird.
Nachdem wir nun Box<T>
und einige der Merkmale von intelligenten Zeigern
untersucht haben, schauen wir uns einige andere intelligente Zeiger an, die in
der Standardbibliothek definiert sind.