Methodensyntax

Methoden sind Funktionen recht ähnlich: Sie werden mit dem Schlüsselwort fn und ihrem Namen deklariert, sie können Parameter und einen Rückgabewert haben, und sie enthalten etwas Code, der ausgeführt wird, wenn sie aufgerufen werden. Methoden unterscheiden sich jedoch von Funktionen dadurch, dass sie im Kontext einer Struktur (struct) (oder einer Aufzählung (enum) oder eines Merkmalsobjektes (trait object), die wir in Kapitel 6 und Kapitel 17 behandeln) definiert werden und ihr erster Parameter stets self ist. self repräsentiert die Instanz der Struktur, zu der die Methode aufgerufen wird.

Definieren von Methoden

Lass uns die Funktion area, die eine Rectangle-Instanz als Parameter hat, ändern und stattdessen eine Methode area auf der Struktur Rectangle definieren, wie in Codeblock 5-13 zu sehen ist.

Dateiname: src/main.rs

#[derive(Debug)]
struct Rectangle {
    width: u32,
    height: u32,
}

impl Rectangle {
    fn area(&self) -> u32 {
        self.width * self.height
    }
}

fn main() {
    let rect1 = Rectangle {
        width: 30,
        height: 50,
    };

    println!(
        "Die Fläche des Rechtecks ist {} Quadratpixel.",
        rect1.area()
    );
}

Codeblock 5-13: Methode area der Struktur Rectangle

Um die Funktion im Kontext von Rectangle zu definieren, beginnen wir mit dem Block impl (Implementierung) für Rectangle. Alles in diesem Block wird mit dem Typ Rectangle assoziiert. Dann verschieben wir die Funktion area in die geschweiften Klammern von impl, ändern den ersten (und in diesem Fall einzigen) Parameter zu self und passen den Methodenrumpf entsprechend an. In main, wo wir die Funktion area aufrufen und rect1 als Argument übergeben, können wir stattdessen die Methodensyntax verwenden, um die Methode area auf unserer Rectangle-Instanz aufzurufen. Die Methodensyntax bezieht sich auf eine Instanz: Wir ergänzen einen Punkt, gefolgt vom Methodennamen, Klammern und Argumenten.

In der Signatur von area verwenden wir &self anstelle von rectangle: &Rectangle. Das &self ist eigentlich die Abkürzung für self: &Self. Innerhalb eines impl-Blocks ist der Typ Self ein Alias für den Typ, für den der impl-Block steht. Methoden müssen einen Parameter mit dem Namen self vom Typ Self als ihren ersten Parameter haben, Rust lässt dich dies abkürzen, indem du nur den Namen self an der Stelle des ersten Parameters angibst. Beachte, dass wir immer noch das & vor der Abkürzung self verwenden müssen, um anzuzeigen, dass diese Methode die Instanz Self ausleiht, genau wie in rectangle: &Rectangle. Methoden können die Eigentümerschaft von self übernehmen, self unveränderbar ausleihen, wie wir es hier getan haben, oder self veränderbar ausleihen, so wie bei jedem anderen Parameter auch.

Wir haben hier &self aus dem gleichen Grund gewählt wie &Rectangle in der Funktionsvariante: Wir wollen keine Eigentümerschaft übernehmen, wir wollen die Daten der Struktur nur lesen, nicht schreiben. Wenn wir die Instanzdaten ändern wollten, müssten wir &mut self als ersten Parameter verwenden. Es kommt nur selten vor, dass eine Methode die Eigentümerschaft der Instanz übernimmt, indem sie self als ersten Parameter verwendet. Diese Technik wird typischerweise dann verwendet, wenn die Methode self in etwas anderes transformiert und man verhindern will, dass der Aufrufer nach der Transformation die ursprüngliche Instanz verwendet.

Der Hauptgrund für Methoden gegenüber Funktionen liegt abgesehen davon, dass bei jeder Methodendeklaration der Typ von self nicht ständig wiederholt werden muss, in der Organisation. Wir haben alle Dinge, die wir mit einer Instanz eines Typs tun können, in einen einzigen impl Block gepackt. Zukünftige Nutzer unseres Codes müssen so nicht an verschiedenen Stellen in der von uns bereitgestellten Bibliothek nach Fähigkeiten von Rectangle suchen.

Beachte, dass wir einer Methode denselben Namen geben können wie einem der Felder der Struktur. Zum Beispiel können wir eine Methode auf Rectangle definieren, die ebenfalls width heißt:

Dateiname: src/main.rs

#[derive(Debug)]
struct Rectangle {
    width: u32,
    height: u32,
}

impl Rectangle {
    fn width(&self) -> bool {
        self.width > 0
    }
}

fn main() {
    let rect1 = Rectangle {
        width: 30,
        height: 50,
    };

    if rect1.width() {
        println!("Das Rechteck hat eine Breite ungleich Null; sie ist {}", rect1.width);
    }
}

Hier entscheiden wir uns dafür, dass die Methode width den Wert true zurückgibt, wenn der Wert im Feld width der Instanz größer als 0 ist, und false, wenn der Wert 0 ist: Wir können ein Feld innerhalb einer gleichnamigen Methode für jeden Zweck verwenden. Wenn wir in main nach rect1.width eine Klammer setzen, weiß Rust, dass wir die Methode width meinen. Wenn wir keine Klammern verwenden, weiß Rust, dass wir das Feld width meinen.

Oft, aber nicht immer, wird eine Methode mit demselben Namen wie ein Feld so definiert, dass sie nur den Wert des Feldes zurückgeben und nichts anderes tun. Methoden wie diese werden getters genannt, und Rust implementiert sie nicht automatisch für Strukturfelder, wie es einige andere Sprachen tun. Getter sind nützlich, weil man das Feld als privat, die Methode aber als öffentlich kennzeichnen und so den Nur-Lese-Zugriff auf dieses Feld als Teil der öffentlichen API des Typs erhält. Was öffentlich und privat bedeuten und wie man ein Feld oder eine Methode als öffentlich oder privat kennzeichnet, werden wir in Kapitel 7 behandeln.

Wo ist der Operator ->?

In C und C++ werden zwei verschiedene Operatoren für den Aufruf von Methoden verwendet: Man verwendet ., wenn eine Methode direkt auf dem Objekt aufgerufen wird, und ->, wenn die Methode auf einem Zeiger auf das Objekt aufrufen und der Zeiger zuerst dereferenziert werden muss. Anders gesagt, wenn object ein Zeiger ist, ist object->something() ähnlich zu (*object).something().

Rust hat kein Äquivalent zum Operator ->. Stattdessen hat Rust eine Funktionalität namens automatische Referenzierung und Dereferenzierung (automatic referencing and dereferencing). Der Aufruf von Methoden ist einer der wenigen Orte in Rust, der dieses Verhalten aufweist.

Und so funktioniert es: Wenn du eine Methode mit object.something() aufrufst, fügt Rust automatisch &, &mut oder * hinzu, sodass object zur Signatur der Methode passt. Mit anderen Worten sind folgende Aufrufe gleich:

#![allow(unused)]
fn main() {
#[derive(Debug,Copy,Clone)]
struct Point {
    x: f64,
    y: f64,
}

impl Point {
   fn distance(&self, other: &Point) -> f64 {
       let x_squared = f64::powi(other.x - self.x, 2);
       let y_squared = f64::powi(other.y - self.y, 2);

       f64::sqrt(x_squared + y_squared)
   }
}
let p1 = Point { x: 0.0, y: 0.0 };
let p2 = Point { x: 5.0, y: 6.5 };
p1.distance(&p2);
(&p1).distance(&p2);
}

Der erste Aufruf sieht viel sauberer aus. Die automatische Referenzierung funktioniert, weil Methoden einen eindeutigen Empfänger haben - den Typ von self. Wenn man den Empfänger und den Namen einer Methode angibt, kann Rust eindeutig herausfinden, ob die Methode lesend (&self), veränderbar (&mut self) oder konsumierend (self) ist. Die Tatsache, dass Rust das Ausleihen für die Methodenempfänger implizit macht, ist ein großer Beitrag zur Ergonomie der Eigentümerschaft in der Praxis.

Methoden mit mehreren Parametern

Lass uns den Umgang mit Methoden üben, indem wir eine zweite Methode zur Struktur Rectangle implementieren. Diesmal soll eine zweite Instanz von Rectangle entgegengenommen und true zurückgeben werden, wenn das zweite Rectangle vollständig in self (dem ersten Rectangle) hineinpasst; andernfalls soll false zurückgegeben werden. Das heißt, sobald wir die Methode can_hold definiert haben, wollen wir in der Lage sein, das in Codeblock 5-14 gezeigte Programm zu schreiben.

Dateiname: src/main.rs

fn main() {
    let rect1 = Rectangle {
        width: 30,
        height: 50,
    };
    let rect2 = Rectangle {
        width: 10,
        height: 40,
    };
    let rect3 = Rectangle {
        width: 60,
        height: 45,
    };

    println!("Umfasst rect1 rect2? {}", rect1.can_hold(&rect2));
    println!("Umfasst rect1 rect3? {}", rect1.can_hold(&rect3));
}

Codeblock 5-14: Verwendung der noch nicht geschriebenen Methode can_hold

Die erwartete Ausgabe würde wie folgt aussehen, da beide Dimensionen von rect2 kleiner als die Dimensionen von rect1 sind, aber rect3 breiter als rect1 ist:

Umfasst rect1 rect2? true
Umfasst rect1 rect3? false

Wir wissen, dass wir eine Methode definieren wollen, also wird sie innerhalb des Blocks impl Rectangle liegen. Die Methode wird can_hold heißen und sie wird einen weiteren Parameter vom Typ Rectangle unveränderbar ausleihen. Wir können den Typ des Parameters erkennen, indem wir uns den Code ansehen, der die Methode aufruft: rect1.can_hold(&rect2) nimmt &rect2 entgegen, also eine unveränderbare Ausleihe von rect2 vom Typ Rectangle. Das macht Sinn, da wir rect2 nur lesen müssen (anstatt zu schreiben, wofür wir eine veränderbare Ausleihe bräuchten) und main die Eigentümerschaft an rect2 zurückerhalten soll, sodass wir es nach dem Aufruf der Methode can_hold weiter verwenden können. Der Rückgabewert von can_hold ist ein boolescher Wert und die Implementierung prüft, ob Breite und Höhe von self jeweils größer als von Rectangle sind. Fügen wir die neue Methode can_hold zum Block impl aus Codeblock 5-13 hinzu, wie in Codeblock 5-15 gezeigt.

Dateiname: src/main.rs

#[derive(Debug)]
struct Rectangle {
    width: u32,
    height: u32,
}

impl Rectangle {
    fn area(&self) -> u32 {
        self.width * self.height
    }

    fn can_hold(&self, other: &Rectangle) -> bool {
        self.width > other.width && self.height > other.height
    }
}

fn main() {
    let rect1 = Rectangle {
        width: 30,
        height: 50,
    };
    let rect2 = Rectangle {
        width: 10,
        height: 40,
    };
    let rect3 = Rectangle {
        width: 60,
        height: 45,
    };

    println!("Umfasst rect1 rect2? {}", rect1.can_hold(&rect2));
    println!("Umfasst rect1 rect3? {}", rect1.can_hold(&rect3));
}

Codeblock 5-15: Implementierung der Methode can_hold auf Rectangle, die eine weitere Rectangle-Instanz als Parameter hat

Wenn wir diesen Code mit der Funktion main in Codeblock 5-14 ausführen, erhalten wir die gewünschte Ausgabe. Methoden können mehrere Parameter haben, die wir in der Signatur nach dem Parameter self angeben. Diese Parameter funktionieren genau wie Parameter in Funktionen.

Assoziierte Funktionen

Alle Funktionen, die innerhalb eines impl-Blocks definiert sind, werden assoziierte Funktionen genannt, weil sie mit dem Typ assoziiert sind, der nach dem impl benannt ist. Wir können assoziierte Funktionen definieren, die nicht self als ihren ersten Parameter haben (und somit keine Methoden sind), weil sie keine Instanz des Typs benötigen, um damit zu arbeiten. Wir haben bereits eine solche Funktion verwendet: Die Funktion String::from, die für den Typ String definiert ist.

Assoziierte Funktionen, die keine Methoden sind, werden oft als Konstruktoren verwendet, die eine neue Instanz der Struktur zurückgeben. Diese werden oft als new bezeichnet, aber new ist kein spezieller Name und ist nicht in die Sprache eingebaut. Wir könnten zum Beispiel eine assoziierte Funktion mit dem Namen square bereitstellen, die einen eindimensionalen Parameter hat und diesen sowohl für die Breite als auch für die Höhe verwendet, sodass es einfacher ist, ein quadratisches Rectangle zu erstellen, anstatt denselben Wert zweimal angeben zu müssen:

Dateiname: src/main.rs

#[derive(Debug)]
struct Rectangle {
    width: u32,
    height: u32,
}

impl Rectangle {
    fn square(size: u32) -> Self {
        Self {
            width: size,
            height: size,
        }
    }
}

fn main() {
    let sq = Rectangle::square(3);
}

Die Schlüsselwörter Self im Rückgabetyp und im Rumpf der Funktion sind Aliase für den Typ, der nach dem Schlüsselwort impl steht, in diesem Fall Rectangle.

Um diese assoziierte Funktion aufzurufen, verwenden wir die Syntax :: mit dem Strukturnamen, z.B. let sq = Rectangle::square(3);. Diese Funktion gehört zum Namensraum der Struktur: Die Syntax :: wird sowohl für assoziierte Funktionen als auch für Namensräume, die von Modulen erzeugt werden, verwendet. Wir werden die Module in Kapitel 7 besprechen.

Mehrere impl-Blöcke

Jede Struktur darf mehrere impl-Blöcke haben. Beispielsweise entspricht Codeblock 5-15 dem in Codeblock 5-16 gezeigten Code, bei dem jede Methode in einem eigenen impl-Block steht.

#[derive(Debug)]
struct Rectangle {
    width: u32,
    height: u32,
}

impl Rectangle {
    fn area(&self) -> u32 {
        self.width * self.height
    }
}

impl Rectangle {
    fn can_hold(&self, other: &Rectangle) -> bool {
        self.width > other.width && self.height > other.height
    }
}

fn main() {
    let rect1 = Rectangle {
        width: 30,
        height: 50,
    };
    let rect2 = Rectangle {
        width: 10,
        height: 40,
    };
    let rect3 = Rectangle {
        width: 60,
        height: 45,
    };

    println!("Umfasst rect1 rect2? {}", rect1.can_hold(&rect2));
    println!("Umfasst rect1 rect3? {}", rect1.can_hold(&rect3));
}

Codeblock 5-16: Neuschreiben von Codeblock 5-15 unter Verwendung mehrerer impl-Blöcke

Es ist nicht nötig, diese Methoden hier auf mehrere impl-Blöcke zu verteilen, aber es handelt sich um eine gültige Syntax. Wir werden in Kapitel 10 einen Fall sehen, bei dem mehrere impl-Blöcke hilfreich sind, wenn wir generische Typen und Merkmale behandeln.

Zusammenfassung

Mit Strukturen kannst du benutzerdefinierte Typen erstellen, die in deiner Domäne eine Bedeutung haben. Durch die Verwendung von Strukturen kannst du zusammengehörige Datenteile miteinander verbunden halten und jedes Teil benennen, um deinen Code verständlich zu machen. In impl-Blöcken kannst du Funktionen definieren, die mit deinem Typ assoziiert sind, und Methoden sind eine Art assoziierte Funktion, mit der du das Verhalten von Instanzen deiner Strukturen festlegen kannst.

Aber Strukturen sind nicht die einzige Möglichkeit, benutzerdefinierte Typen zu definieren: Wenden wir uns der Rust-Funktionalität Aufzählung zu, um ein weiteres Werkzeug in deinen Werkzeugkasten zu legen.